Gabriele Kaiser-Schanz lebt seit April 2024 als freischaffende Künstlerin in Aurich in Ostfriesland. Sie arbeitet im Bereich Performance, Objektkunst, Zeichnung und Collage.
In ihren Performances, die bühnenhaft inszeniert sind, beschäftigt sie sich mit gesellschaftsprägenden Konventionen, Rollenbildern und Ritualen. Dabei untersucht sie das Agieren des Individuums in unterschiedlichen Prozessen von der Einengung bis zur Befreiung.
Ergänzend zur Auseinandersetzung mit dem Menschen ist die Zelle als Ursprung des menschlichen Seins ein wesentlicher Aspekt ihrer künstlerischen Arbeit. Diese Thematik setzt sie in skulpturale Objekte um und verwendet unter anderem gerissenes Papier, das sie in zahlreichen Schichten über Modelle aus Gips kaschiert, bis eine homogene Fläche entsteht. Diese fragil wirkenden Papierobjekte sind innen hohl und werden installativ an die Wand montiert oder separat auf einem Sockel präsentiert, wobei sie durch ihre Dreidimensionalität viel massiver wirken als sie es sind. Zur weiteren Untersuchung gegensätzlicher Verhaltensweisen unterschiedlicher Materialitäten gießt sie filigran gehäkelte Objekte in Kunstharz oder transformiert Papierarbeiten in Bronze.
Zudem nähert sie sich mit Zeichnungen von Zellstrukturen auf grobstrukturiertem Hanfpapier, das sie auf einen Holzkörper aufzieht, einer biomorphen Ästhetik an. Die Fasern, die sie aus dem handgeschöpften Papier zieht, dienen als Formgebung. Mit ihnen entwirft sie mehrdimensionale Gebilde auf einer zweidimensionalen Fläche, wo sie mit Bleistift und Buntstift Zellstrukturen in die vorgegebenen Formen zeichnet. Bewusst greift sie auf ein natürliches Objekt zurück und verweist damit auf den eigentlichen Umkehrprozess, der durch die Nachbildung einer aus der Natur entnommenen Grundform entsteht. Diese Zellstrukturen ergänzt sie durch nuancierte Bleistiftzeichnungen von Einzellern.
Seit ihrer letzten Residenz an der Cité internationale des arts in Paris im November und Dezember 2022 arbeitet sie an einer prozesshaften „Rück-Umsetzung“ von der Dreidimensionalität in die Fläche. Sie verschmilzt Papierobjekte und zweidimensionale Zeichnungen zu eigenen Gebilden und untersucht mit diesen hybriden Ausdrucksformen auf einer visuellen Ebene das Ineinanderfließen unterschiedlicher Ästhetiken in einem Werk.
Dr. Annette Tesarek, 2023